Selbstregulation bei Flashbacks: Übungen für den Alltag
Es kann ganz unerwartet passieren. Ein Geräusch, ein Geruch, ein Blick – und plötzlich ist sie wieder da: die Erinnerung. Nicht wie ein Film, den du dir bewusst ansiehst. Sondern wie ein Überfall. Ungefragt, überwältigend, körperlich spürbar. Ein sogenannter Flashback.
Wenn du traumatische Erfahrungen gemacht hast, kennst du vielleicht genau dieses Gefühl. Du weißt, dass das Erlebte vorbei ist – und trotzdem fühlt es sich an, als wärst du mitten drin. Dein Herz rast, dein Atem stockt, deine Gedanken wirbeln. Der Körper reagiert, als wäre er wieder in Gefahr. Solche Reaktionen sind Teil einer posttraumatischen Belastung. Und sie sind nicht deine Schuld. Aber sie machen das Leben schwer. Umso wichtiger ist es, Möglichkeiten zu kennen, wie du dich in diesen Momenten stabilisieren kannst.
Was bei einem Flashback in dir passiert
Ein Flashback ist mehr als nur eine Erinnerung. Es ist eine Wiedererlebensreaktion – dein Nervensystem schaltet auf Alarm, weil es einen Auslöser mit der ursprünglichen Bedrohung verknüpft. Für dein Gehirn gibt es in diesem Moment keinen Unterschied zwischen damals und jetzt.
Typische Symptome können sein:
- Intensive innere Bilder oder Geräusche
- Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche
- Atemnot oder Engegefühl
- Gefühlszustände wie Panik, Ohnmacht oder Erstarrung
- Das Gefühl, sich von der Realität zu lösen
Die gute Nachricht: Auch wenn du den Flashback nicht „wegmachen“ kannst – du kannst lernen, ihn zu erkennen, dich zu regulieren und dir selbst Halt zu geben. Es gibt konkrete Übungen, mit denen du Trauma Flashbacks stoppen oder zumindest abmildern kannst.
Warum Selbstregulation so wichtig ist
Flashbacks passieren oft plötzlich – und gerade im Alltag. Du bist auf der Arbeit, im Bus, beim Einkaufen. Eine akute therapeutische Unterstützung ist in solchen Momenten selten verfügbar. Aber du bist nicht hilflos. Wenn du weißt, wie du dich selbst wieder in Sicherheit bringen kannst, gewinnst du ein Stück Kontrolle zurück.
Selbstregulation bedeutet:
- Dich in der Gegenwart zu verankern
- Den Körper zu beruhigen
- Den inneren Alarm zu dämpfen
- Den Kontakt zur Realität wiederherzustellen
Es ist kein Zeichen von Schwäche, solche Techniken zu brauchen – sondern ein Zeichen von Stärke, sie anzuwenden.


Übungen zur Soforthilfe im Flashback
Hier findest du einfache, alltagstaugliche Übungen, die dir helfen können, einen Flashback abzuschwächen oder schneller zu verlassen. Nicht jede Technik passt für jede Person – probier aus, was dir guttut.
1. Fünf-Sinne-Technik (zur Erdung)
Lenke deine Aufmerksamkeit bewusst auf deine Umgebung:
- 5 Dinge, die du sehen kannst
- 4 Dinge, die du berühren kannst
- 3 Dinge, die du hören kannst
- 2 Dinge, die du riechen kannst
- 1 Sache, die du schmecken kannst
Diese Technik holt dich ins Hier und Jetzt zurück – über deine Sinneswahrnehmung.
2. Kalte Reize
Ein kalter Gegenstand auf der Haut (z. B. ein Kühlpad oder kaltes Wasser über die Hände) kann helfen, den Körper zu „resetten“. Auch das bewusst langsame Trinken von kaltem Wasser kann stabilisierend wirken.
3. Feste Körpergrenzen spüren
Setz dich hin, drück die Füße fest in den Boden, presse deine Hände gegeneinander oder umschließe deine Schultern mit den Armen. Das schafft ein klares Körpergefühl und bringt dich zurück in deine Grenzen.
4. Atmung regulieren
Achte auf eine ruhige, tiefe Atmung. Versuche zum Beispiel: 4 Sekunden einatmen – 6 Sekunden ausatmen. Zähle dabei lautlos mit. Das signalisiert deinem Nervensystem: Du bist sicher.
5. Anker-Gegenstand nutzen
Hast du einen kleinen Gegenstand bei dir, der dich beruhigt? Einen Stein, ein Stoffstück, ein Band am Handgelenk? Berühre ihn bewusst und verknüpfe ihn mit dem Gefühl von Schutz und Stabilität.
Langfristige Strategien für mehr Stabilität
Flashbacks lassen sich nicht immer vermeiden – aber du kannst lernen, sie frühzeitig zu erkennen und dich rechtzeitig zu regulieren. Dazu gehört auch, deine "Frühwarnzeichen“ besser wahrzunehmen.
Was du im Alltag tun kannst:
- Regelmäßige Pausen und Rückzugsorte schaffen
- Schlaf und Ernährung bewusst im Blick behalten
- Trigger erkennen und benennen lernen
- Tagebuch führen, um Muster zu erkennen
- Ressourcen aktivieren – also Dinge, Menschen oder Orte, die dir guttun
Je mehr du deine eigene Reaktion verstehst, desto sicherer wirst du im Umgang mit ihr. Und auch wenn es Zeit braucht: Du kannst Schritt für Schritt die Kontrolle zurückgewinnen.
Wie du dich selbst stärken kannst
Manchmal fühlt es sich an, als würde das Trauma dein Leben beherrschen. Als gäbe es keine „sicheren“ Momente mehr. Aber genau das kannst du verändern – mit kleinen, regelmäßigen Impulsen, die dich zurück in deine Kraft bringen.
Drei unterstützende Gedanken:
- Was ich fühle, ist eine Erinnerung – nicht die Realität.
- Ich bin jetzt erwachsen und nicht mehr in Gefahr.
- Ich habe heute Werkzeuge, die mir damals gefehlt haben.
Du musst nicht perfekt damit umgehen. Du darfst Angst haben. Aber du darfst auch lernen, dich zu halten – auch wenn es schwer wird.
Wenn Selbstregulation nicht reicht
Manche Flashbacks sind so stark, dass Übungen allein nicht helfen. Das ist kein Zeichen von Versagen – sondern ein Hinweis darauf, dass du mehr Unterstützung brauchst. Und auch die darfst du dir holen. Es ist okay, nicht alles allein tragen zu können. Wenn Flashbacks deinen Alltag stark beeinträchtigen, hilft oft eine traumasensible Therapie. Aber auch niedrigschwellige digitale Angebote können eine Brücke sein – etwa in Phasen, in denen du dich überfordert oder zu instabil für klassische Therapie fühlst.
Du bist mehr als deine Erinnerung
Vielleicht hast du viel erlebt. Vielleicht gibt es Bilder in dir, die du nie teilen konntest – oder wolltest. Vielleicht hat dir niemand geglaubt. Vielleicht hast du dich lange dafür geschämt, dass du so reagierst.
Aber hier ist die Wahrheit: Deine Reaktion war normal – angesichts von etwas, das nicht normal war. Du warst nicht zu schwach. Du warst einfach überfordert von etwas, das zu groß war, um es allein zu tragen. Jetzt darfst du lernen, dich wieder sicher zu fühlen. Nicht sofort, nicht immer. Aber immer öfter. Und irgendwann vielleicht dauerhaft.
Du musst es nicht allein schaffen
Vielleicht fühlst du dich gerade überfordert. Vielleicht hast du das Gefühl, dass du nie „normal“ wirst. Vielleicht bist du wütend, traurig, müde – oder alles auf einmal.
Und vielleicht denkst du trotzdem: Ich will leben. Ich will nicht nur überleben. Und genau das ist möglich.
Wenn du merkst, dass du Unterstützung brauchst, kannst du dich an Menschen wenden, die dich begleiten – respektvoll, erfahren, präsent. Auch digitale Angebote können genau in solchen Momenten helfen. Unser Team von Light of Hope bietet einfühlsame, flexible Unterstützung an, ohne Druck, ohne Zwang. Nur mit der Haltung: Du bist nicht allein. Und du bist nicht falsch.